Zielstellung
Die
Flusslandschaft der Elbe ist seit Menschengedenken von immer wiederkehrenden
Hochwassern geprägt.
Dabei
spielt das Hochwasser vom 31. März 1845 als Maximalereignis an der
Oberelbe seit Beginn der Aufzeichnungen
eine
besondere Rolle. Dessen Scheitelwert von 8,77 m am Pegel Dresden wurde
erst am 17. August 2002 mit dem neuen
Rekordstand
von 9,40 m übertroffen.
Als
überraschend stellt sich allerdings die geringere Durchflussmenge
im Jahr 2002 dar (Quelle: Hydrologisches Handbuch). Dies lässt vermuten,
dass Veränderungen im Überschwemmungsbereich der Elbe das Stauvolumen
erheblich eingeschränkt haben.
Zur
Überprüfung dieser These werden teilräumliche Analysen auf
der Basis historischer Geodaten durchgeführt.
Zielstellungen
der Untersuchung waren:
-
die digitale Aufbereitung und Georeferenzierung geeigneter historischer
Kartengrundlagen zur Einbindung in ein
Informationssystem;
-
der Aufbau eines Vektordatensatzes für die Überschwemmungslinie
von 1845 im Vergleich zu 2002;
-
die Analyse und Bewertung der Flächennutzungsänderungen in den
Überschwemmungsflächen.
-
Als typische Fallbeispiele wurden der Kurort Bad Schandau in der Sächsischen
Schweiz sowie die Bereiche der Müglitz-
und
Wesenitz-Mündung in der Dresdner Elbtalweitung ausgewählt.
Im
Falle der Müglitzmündung im heutigen Stadtgebiet von Heidenau
(Mügeln) kam zusätzlich die Hochwasserwelle aus
dem
Erzgebirge zum Tragen. In regelmäßigem Abstand gab es entlang
der Müglitz verheerende Hochwasser, die hier
in
die Elbe mündeten, so in den Jahren 1897, 1927 und 1957.
Hochwasserereignisse
1845 und 2002
-
Das 1845er Hochwasser gab Anlass, das weit ausgreifende Überschwemmungsgebiet
detailliert zu kartieren,
um
bei weiteren Baumaßnahmen, besonders in der Stadt Dresden, die mögliche
Gefährdung berücksichtigen zu können:
Es
entstand um 1850 die "Karte des Elbstromes innerhalb des Königreiches
Sachsen", bestehend aus
15
Sektionen im Maßstab 1 : 12.000 (mit zusätzlichen Längsprofilen).
In den Lithographien von A.W. Werner wurden
Gewässer
und Überschwemmungsgebiet dunkel- bzw. hellblau koloriert.
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Das nächste große Hochwasserereignis vom 6./7. September 1890,
das allerdings nicht die Ausmaße von 1845
erreichte,
ist im Maßstab 1 : 10.000 in einer als Unikat vorliegenden Karte
mit ausgewählten Querprofilen dokumentiert.
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Zur Integration dieser historischen Rauminformation in eine Geodatenbasis
wurden Kopien der genannten Kartenwerke
eingescannt,
georeferenziert sowie Gewässer- und Hochwasserlinien interaktiv digitalisiert.
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Für das Hochwasserereignis 2002 stehen im Bereich der Oberelbe außerdem
zahlreiche Luft- und Satellitenaufnahmen
zur
Verfügung.
Nutzungsänderungen
-
Die Entwicklung der Stromlandschaft der Elbe zeigt vor allem in Ballungsräumen
eine starke Zunahme der Bebauung
(einschl.
Versiegelung) im Überschwemmungsgebiet, aber auch eine großflächige
Umwandlung von relativ naturnahen,
an
die Funktionen der Aue angepassten Nutzungen in intensiv genutzte Flächen
für Landwirtschaft und Erholung
(z.
B. Sportstätten und Kleingärten).
-
Auffällig ist für beide Untersuchungsräume die Zunahme von
bebauten und versiegelten Flächen, aber auch von
Garten-
und Parkanlagen, während ein Rückgang landwirtschaftlich genutzter
Flächen (v. a. Ackerland) zu verzeichnen ist.
In
der Abnahme der Wasserfläche zeigen sich Auswirkungen von Stromkorrekturen
zugunsten der Schifffahrt im
vergangenen
Jahrhundert, die zu einer Einengung des Niedrig- und Mittelwasserbereiches
sowie einer Aufhöhung
potenzieller
Überschwemmungsflächen geführt haben.
-
Die jeweiligen Nutzungsänderungen, beispielsweise die Umwandlung von
Auwald- und Grünlandbereichen,
wurden
nach dem Grad ihrer Angepasstheit an die Lage im Überschwemmungs-gebiet
bewertet.
Dabei
fällt auf, dass gerade im stark überschwemmungsgefährdeten
Bereich der Müglitzmündung zahlreiche Flächen,
die
1845 noch als Auwald, Grünland oder Ackerland genutzt waren, heute
mit Wohn- und Gewerbeflächen überbaut sind.
Ufernahe
Bereiche werden häufig auch als Lagerfläche oder Kleingartenanlage
genutzt.
Hier
zeigt sich eine Tendenz der sukzessiven Umwidmung von relativ überflutungstoleranten
Nutzungen hin zu solchen mit
höherem
Schadenspotenzial. Dies kann z.B. über die Kette von einfachem Garten(Grabe-)land
über Kleingärten mit
ausgebauten
Gartenhäusern bis zum Wohngebiet gehen.
Ein
anderer Fall ist die Nutzung von überflutungsgefährdeten Flächen
zunächst als einfacher (Rasen-)Sportplatz,
der
später als fester Sport- bzw. Tennisplatz mit Vereinshäusern
ausgestattet wird. Im Extremfall geht dies, wie in
Bad
Schandau, bis zum Bau eines Hallenbades mit hohem Schadenspotenzial.
Solche
Prozesse verlaufen häufig schleichend über mehrere Zwischenstufen
und längere Zeiträume. In der Summe
können
sie einen erheblichen Anstieg des Schadenspotenzials bewirken.
Schlussfolgerungen
In
der Studie wurde nach veränderten Prioritäten bei der weiteren
Entwicklung der Elb-Auenlandschaft gefragt,
im
Sinne einer stärker ökologisch funktionsorientierten Ausrichtung.
So
ist der Umgang mit Siedlungsbrachen und bestehenden Freiflächen vor
diesem Hintergrund zu überdenken.
Wie
im 7-Punkte-Programm des IÖR zum Hochwasserschutz im Einzugsgebiet
der Elbe 2002 festgestellt wird,
ist
eine Vorsorge gegenüber den Schäden von Hochwasserereignissen
nur auf der Basis ausreichender Informationen
über
die komplexen Zusammenhänge bei der Entstehung und dem Abfluss von
Hochwasser möglich.
-
Seit dem Frühjahrsereignis von 1845 haben in den Überschwemmungsgebieten
der Elbe erhebliche
Nutzungsänderungen
stattgefunden. Dies betrifft insbesondere den Ausbau der Siedlungen und
der Infrastruktur,
einen
starken landwirtschaftlichen Strukturwandel sowie die Veränderung
von Flussquerprofilen.
Dabei
interessiert die Bewertung aus Sicht des Hochwasserschutzes um Schlüsse
zur Verringerung des künftigen
Schadenspotenzials
im Sinne einer angepassten Nutzung zu ziehen.
-
Für eine transparente Verfügbarkeit des Wissens über potenzielle
Risikogebiete spielt die angewandte Geoinformatik
heute
eine entscheidende Rolle. Die Einbeziehung raumbezogener Informationen
aus historischen Karten ist dabei
unverzichtbar:
Gerade das Beispiel der Elbstromkarte von 1845 zeigt, dass Erkenntnisse
über mögliche
Überschwemmungsflächen
durchaus vorliegen, aber in planerisches Handeln langfristig kaum eingeflossen
sind.
Veröffentlichung zum Thema
Walz,
U. & Schumacher, U. (2003): Landnutzungsänderungen im Überschwemmungsbereich
der Oberelbe.
In:
Strobl, J.; Blaschke, T; & Griesebner, G. [Hrsg.]: Angewandte Geographische
Informationsverarbeitung XV.
Beiträge
zum AGIT-Symposium Salzburg 2003: 530-536; Heidelberg.
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